Koy Bendull, Screen Spheres, Screen on Canvas

**Raum und Fenster**


Was ist eigentlich Raum? Eine triviale Frage, die sofort ungeahnte Weite erzeugt. Raum kann ja praktisch alles: Er ist mathematisch streng, physikalisch unendlich dimensional, psychologisch versteckt, architektonisch solide, sozial verhandelbar und in der Fantasie grenzenlos. Raum ist dort, wo man stehen kann, aber auch dort, wo man denkt, ohne zu stehen. Ein Spielraum, ein Zwischenraum, ein Innenraum, ein Außenraum. Raum ist das, was bleibt, wenn die Dinge ihre Abstände zueinander klären. Oder das, was entsteht, wenn man einen Moment lang nicht weiß, was man sagen soll. Im Raum mit Fenster wird ausgestellt, experimentiert, verkauft.



Der virtuelle Raum schiebt sich hinzu, ein Ort, der gleichzeitig überall und nirgends ist, eine Koordinate im großen Netzwerk der Möglichkeiten, ein Treffpunkt für Avatare und Eitelkeiten. Aber die viele virtuelle und gefakte Räume, hier und andrswo, zeigen Kunstwerke, die physisch existieren. Gefakte Räume sind eine an die Zeit angepasste Realität. Schaufenster, wie die Werke in echten Räumen wirken könnten.


Und dann gibt es den politischen Raum, der sich ständig neu sortiert, je nachdem, wer gerade laut genug spricht. Kunst darf auch immer Gesellschaftskritik sein und damit Politik.

Den Weltraum, von dem wir so überzeugt sind, obwohl wir ihn nur aus dem Fernsehen kennen. Und natürlich das Raumschiff, das beweist, dass selbst Science-Fiction einen eigenen Raum braucht. Raum ist ein Universalwort, so flexibel, dass es sich fast schämt.

Und dann das
Fenster. Ein vermeintlich simples Objekt mit erstaunlicher Karriere. Ein Fenster ist ein Loch in der Wand mit guter Absicht: Es möchte einlassen und auslassen, verbinden und trennen, zeigen und verbergen. Das Fenster ist der diplomatische Dienst zwischen Innen und Außen. In der Malerei wird es zum Rahmen des Weltblicks, in der Informatik zur Benutzeroberfläche, in der Poesie zur Metapher für Sehnsucht und Erkenntnis. Ein Fenster kann man öffnen, schließen, putzen, ignorieren. Es kann verheißen, drohen oder schlicht die Wahrheit sagen: Dass die Welt draußen weitergeht, auch wenn man drinnen bleibt.

Setzt man
Raum und Fenster zusammen, entsteht eine kleine Philosophie des Dazwischen. Ein **Raum mit Fenster** ist nie abgeschlossen und nie endgültig. Er ist weder hermetisch noch grenzenlos. Er erlaubt Sicht und Einsicht, Ausblick und Rückzug. Er erinnert daran, dass jeder Raum – physisch oder psychisch – erst durch eine Öffnung erfahrbar wird. Kunst, die diesen Namen verdient, nutzt genau dieses Prinzip: Sie schafft Räume, die sich nach außen öffnen, und Fenster, die nach innen wirken.

In der Kunst bietet der Raum mit Fenster eine ideale Bühne: Er macht das Denken sichtbar und das Sichtbare denkbar. Er ist so ernst, wie es die Kunst verlangt, und so verspielt, wie es der Humor zulässt. Ein Ort, an dem Gewissheiten kurz den Mantel an der Garderobe abgeben und die Ideen ein wenig frische Luft schnappen dürfen.


**Raumkonzept**


Der Raum mit Fenster als reale Pop-Up-Ausstellung kann in jeder Stadt realisiert werden. Ein fester Standort, ein kleiner Raum, war über 6 Jahre Nürnberg Innenstadt. Dort eröffnete der Raum mit Fenster die Möglichkeit, die aktuellen Ausstellungen von **Koy Bendull** durch ein großes Schaufenster zu betrachten, ohne den Raum betreten zu müssen. Mit der Werkreihe **Screen Spheres** positioniert Bendull die Malerei in einem Feld, in der nicht mehr mit dem Pinsel gemalt wird, sondern mit dutzenden von Bildschichten, die unterschieldich entstehen und eine Produktions-Analogie zu gemalten Bildern haben. Die präsentierte Bild-Installation – eine lineare Abfolge großformatiger Porträtdarstellungen, deren Köpfe durch leuchtende, sphärische Interfaces ersetzt sind – bildet innerhalb der kleinen Ausstellung nicht nur einen visuellen Höhepunkt, sondern auch einen theoretischen Resonanzraum. Gezeigt werden die allerersten "Prototypen".

In dieser Konstellation nähert sich **Koy Bendull** einer Tradition, die an Marcel Duchamps konsequente Verschiebung vom Objekt zur Idee erinnert, ohne sie zu imitieren. Während Duchamp die „retinale Kunst“ bewusst hinter sich ließ, um Bedeutung und Vorstellungskraft in den Mittelpunkt zu stellen, untersucht Bendull, wie sich diese historische Entmaterialisierung in einer Gegenwart fortschreibt, in der Bildschirme, Oberflächen und digitale Identitäten selbst zum sozialen und psychischen Träger werden. Die 'Screen Spheres' operieren damit an der Schnittstelle von Malerei, Konzeptkunst und medientheoretischem Diskurs.

Der Raum ist so konzipiert, dass das Konzept, der „Hintergrund“, in den Vordergrund rückt. Die formale Strenge der Hängung, die sterile Helligkeit des Raumes und die seriell strukturierte Bildabfolge schaffen ein Umfeld, in dem die Betrachterinnen und Betrachter nicht nur sehen, sondern reflektieren sollen: über das Verhältnis von Selbstbild und Interface, über die mediale Verfasstheit einer Generation, über die Frage, wie Identität entsteht, wenn das Gesicht durch ein Display ersetzt wird. Erst im aktiven Nachvollzug dieser Bedeutungszusammenhänge entfaltet sich die ästhetische Qualität der Arbeiten vollständig.

Koy Bendull versteht diesen Raum als Einladung zur gedanklichen Öffnung. Die Werke verlangen eine kurze Pause im mentalen Dauerrauschen, um jene Verbindungen herzustellen, die das Visuelle mit dem Konzeptuellen verweben. Wer bereit ist, sich Zeit zu nehmen und Aufmerksamkeit zu investieren, wird erfahren, wie die 'Screen Spheres' nicht nur Oberflächen zeigen, sondern Räume des Denkens öffnen. Wer sich auf diese Entschleunigung nicht einlässt, wird die Feinheit dieses Dialogs kaum erschließen können.

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 Vergangene Projekte:

Ein Raum mit Fenster in Nürnberg vom November 2019 bis Oktober 2025


Der Raum ist ist geschlossen. Es fande fantastische Projekte und Ausstellungen statt.
Es geht weiter. In anderen Räumen. Die Bilder werden größer, das braucht mehr Raum.
Nach wie vor gilt:



Dieser Raum ist eine Art Schaukasten.
Bitte gucken Sie durch das Fenster!
Geöffnet ist nur an den Vernissage-Tagen. Oder auf Termin.

Dies ist ein Projektraum für die Kunst.
Es wird ausgestellt, experimentiert, konzipiert und angeboten.
Sie können durch das Fenster schauen, müssen aber nicht.
Sie können neugierig werden, müssen aber nicht.
Sie können sich freuen, sich wundern oder gleichgültig bleiben, müssen aber nicht.

Was aber jeder muss, auch wenn er es nicht kann, ist  verstehen, dass es diesen Raum, sein Fenster und das gesamte  Inventar gar nicht gibt.
Denn dieser Raum ist nicht das reale Frontend, um das übliche virtuelle Online-Geschnatter zu erzeugen, sondern umgekehrt, dieser Raum ist die abgebildete und eingebildete Realität der echten digitalen Plattform-Welten. Kommendes Jahr und im Laufe der Zeit soll dies geklärt werden. Freude.

Lage.
Es sind nur 400m zum Nürnberger Hauptmarkt.
Hier in der Laufer Gasse gibt es viele Ess-Läden, Handy-Läden und andere Funktionsläden.
Dieser Raum mit Fenster soll eine kleine Oase sein für's Auge. Eine optische Abwechslung im Sinne der Vielfalt.
Und für die, die interessiert sind - auch eine inhaltliche Inspiration zu konkreten Themen.


Was wird hier ausgestellt?
 Dieser Raum möge die Malerei mit der Konzeptkunst verbinden.
Eine Kombination scheint spannend, um Ästethik, Bedeutungen und Assoziationen in ungewohntem Kontexte darzustellen.

Vielleicht steht dieser Raum in der Tradition von Marcel Duchamp, der Malerei und Konzeptkunst zwar nicht verband, aber beides zeitlich hintereinander in herausragender Qualität ausführte. Duchamp grenzte seine „Ready-made“ Kunst von der „retinalen Kunst“ ab, die oftmals in "effekthascherischer" Weise auf das Auge einwirke, so Duchamp. Stattdessen entstehe und wirke Kunst als Vorstellung oder Verknüpfung von Bedeutung im Ideen-Denken. Gewohnte Sichtweisen, Begriffe und Zusammenhänge der Welt werden hinterfragt, neue Regeln erfunden.

Hier, in diesem Raum, steht also der Hintergrund im Vordergrund. Das Konzept und das Malen sollen eine eigene ästhetische Qualität entfalten. Dies gelingt nur mit dem Betrachter. Der Betrachter möge das Betrachten eines Bildes als Startpunkt verstehen, um sich mit dem verbundenen Hintergrund zu beschäftigen. Erst das Sehen des Zusammenhangs beflügelt die guten Gefühle.

Diese rationale „Entmaterialisierung“ des Kunstwerks und die Einbeziehung des Betrachters benötigt Zeit und etwas freien Platz im Kopf. Wer das Eine oder Andere nicht einbringen will, wird nicht genießen können.